2011-11-06

Frakturſchrift und Purismus – eine unheilige Allianz

Mit Intereſſe habe ich gerade Thomas Niehrs Aufſatz „Frakturſchrift und Purismus – eine unheilige Allianz“ geleſen. Darin ſetzt er ſich kritiſch mit dem Bund für deutſche Schrift und Sprache (BfdS) auseinander.

Zuſammenfaſſung

Zunächſt (S. 185 f.) legt Niehr dar, daſs von den vom BfdS angeführten vier „Vorzüge(n) der deutſchen Schrift“ (vgl. da) kein einziger fundiert iſt, und daſs ſie ſowieſo nur dann auch wirklich Vorzüge wären, wenn die deutſche Schrift noch immer gelehrt würde.

Sodann führt er mit verſchiedenen Belegen aus, daſs der BfdS in der Nazi-Zeit nicht etwa unpolitiſch im Hintergrund blieb, ſondern überzeugt auf der konſervativ-nationalen Welle mitritt. Dieſe Tatſache werde vom heutigen BfdS ausgeblendet, und zwar hinter dem bequemen Feigenblatt, daſs er 1941 aufgelöst wurde, vgl. Niehr (S. 188):

Wenn der BfdS ſich auf ſeiner Internetpräſenz heute als eine von den Nazis verfolgte Organiſation darſtellt, dann kann man in der Tat nur feſtſtellen, daſs hier jemand „dank Naziverbot in der Gloriole der Réſiſtance mit dem Anſpruch auf Wiedergutmachung hauſieren [kann]“ (Rück 1993: 260).

Weiter ſtellt Niehr feſt, daſs die gebrochenen Schriften heut‌zutage eben nun einmal mit den Nazis aſſoziiert werden, auch wenn das dem BfdS nicht gefällt, vgl. Niehr (S. 191 f.):

So wie alſo beſtimmte Wörter beſtimmte Konnotationen haben und beſtimmte Aſſoziationen hervorrufen können, […] ſo können auch Schriftarten ein ‚Image‘ bekommen. Dies trifft einerſeits auf ſolche Schriftarten zu, die wir mit beſtimmten Produkten oder Konzernen verbinden, […] andererſeits – zumindeſt in Deutſchland – auch auf die Frakturſchrift. […] Das Nationalſozialiſtiſche iſt dieſen Schriftarten alſo nicht inhärent, ſondern kann allenfalls durch einen beſtimmten Gebrauch mit ihnen aſſoziiert werden. Und genau das iſt den Frakturſchriften in Deutſchland widerfahren.

Schließlich zeigt Niehr auf, daſs ſich hinter der Sprach- und Schriftpflege des BfdS rechte, national-konſervative Verſchwörungstheorien verbergen, etwa an der Stelle, wo er auf das Argument des BfdS eingeht, in Deutſchland ſei – anders als bei Arabern, Chineſen, Griechen, Iſraeli oder Ruſſen – „kein Kultusminiſter bereit, der deutſchen Schrift den zum Überleben erforderlichen Platz in der Schule einzuräumen“ (vgl. da) (S. 196):

Auch hier wird wieder ein Topos aktiviert, nach dem andere Völker ihre Intereſſen zu wahren verſtehen, während lediglich die Deutſchen fahrläſſig oder ſogar mutwillig ihr überliefertes Kulturgut preisgeben. Sowohl deutſche Sprache wie auch „deutſche Schrift“ erweiſen ſich nach dieſer Vorſtellung als vom Ausſterben bedroht. Dieſes Ausſterben ſcheint allerdings von „gewiſſen Perſonenkreiſen“ – hierzu zählen offenbar auch die Kultusminiſter in Deutſchland – nicht nur in Kauf genommen, ſondern ſogar aktiv betrieben zu werden.

Meine Meinung zu Niehrs Aufſatz

Niehr ſpricht mir aus der Seele! Ich begrüße es ſehr, daſs fundierte Kritik am BfdS geübt wird. Ich hatte bei dieſer Organiſation ein ungutes Gefühl, hätte es aber nicht auf den Punkt bringen können.

Ich bin mir ſehr wohl bewuſst, daſs die Fraktur mit den Nazis aſſoziiert wird. Mit meiner Propagierung der Fraktur würde ich gerne erreichen, daſs die Fraktur den Nazis weggenommen wird. Gewiſs kann ich als einzelner dabei nicht viel erreichen, aber ich kann wenigſtens vormachen, daſs ich die Fraktur propagieren kann, ohne dabei in Reviſionismus zu verfallen und ohne die ach ſo armen Deutſchen zu Opfern irgendwelcher Verſchwörungen zu ſtiliſieren. Wir Deutſchen waren nicht die Opfer, ſondern wir Deutſchen waren die Täter! Dieſer Tatſache muſs und will ich ins Auge blicken. Mit Selbſthaſs oder Schuldgefühlen hat das nichts zu tun, ſondern mit Ehrlichkeit und Aufklärung.

Literatur

Niehr, Thomas (2009): „Frakturſchrift und Purismus – eine unheilige Allianz. Die Re-Ideologiſierung von Schriftarten im 21. Jahrhundert“. In: Eliſabeth Birk, Jan Georg Schneider (Hgg.): Philoſophie der Schrift. Reihe Germaniſtiſche Linguiſtik 285. Tübingen: Max Niemeyer. S. 183 – 201.

Rück, Peter (1993): „Die Sprache der Schrift – Zur Geſchichte des Frakturverbots von 1941“. In: Jürgen Baurmann u. a. (Hgg.): homo scribens. Perſpektiven der Schriftlichkeitsforſchung. Tübingen: Max Niemeyer, S. 231–272. Zitiert aus zweiter Hand nach Niehr.

2011-10-06

Das lange ſ in LaTeX

Kürzlich bin ich auf das Problem geſtoßen, wie ſich ein langes ſ in LaTeX eingeben läſst, und zwar nicht in Fraktur, ſondern in gewöhnlicher Antiqua.

Das Merkwürdige war, daſs zwar das lange ſ in Latin Modern figuriert, der Standardſchriftart für LaTeX, aber daſs es ſich gar nicht ſo einfach produzieren läſst.

Ich habe zwei Methoden gefunden:

  1. Das lange ſ mit XeLaTeX (oder LuaLaTeX)
    \documentclass{article}
    \usepackage{fontspec} 
    \begin{document}
    Langes s: ſ
    \end{document}
  2. Das lange ſ mit LaTeX
    \documentclass{article}
    \usepackage{kpfonts}
    \begin{document}
    Langes s: {\fontfamily{jkpvos}\selectfont{}s}
    \end{document}

Ich habe keine Möglichkeit gefunden, wie das lange ſ aus der Standardſchriftart Latin Modern in gewöhnlichem LaTeX produziert werden könnte. Um allfällige Hinweiſe wäre ich dankbar!

Siehe dazu auch:


P.S.

Dank Ulrike Fiſcher – vielen Dank! – auf comp.text.tex kenne ich nun eine Möglichkeit, wie das lange ſ von Latin Modern mit latex produziert werden kann:

\documentclass{article}
\usepackage[TS1,T1]{fontenc}
\usepackage{lmodern}
\begin{document}
Langes s: {\fontencoding{TS1}\selectfont\char115}
\end{document}


P.P.S.

Gemäſ‍s Robin Fairbairns – ebenfalls auf comp.text.tex – iſt die Methode mit xelatex vorzuziehen, weil dabei das lange ſ als richtiger Buchſtabe behandelt wird, und nicht als Spezialzeichen. Das ermöglicht normale Worttrennung ꝛc.

2011-08-24

Schweizer Werte, auf die man (trotz SVP) ſtolz ſein kann

In der kürzlich erſchienenen Kontext-Sendung Wenn das Thema «Heimat» die Spalten füllt hat Kurt Imhof einen überraſchenden Befund dargelegt: Niemand ſpricht mehr von den zentralen Werten, die aus dem Innern der Schweiz heraus entſpringen. Früher machten dieſe Werte die Schweizer Identität aus und den Stolz, zur Schweiz zu gehören.

Warum ſind dieſe zentralen Schweizer Werte verloren gegangen? Schuld iſt die SVP. Die SVP hat eine neue Schweizer Identität ins Geſpräch gebracht. Dieſe SVP-Identität der Schweiz beruht nicht mehr auf den eigenen Schweizer Werten, ſondern nur noch auf der Abgrenzung gegen das Ausland und auf dem Heraufbeſchwören einer inexiſtenten Idealſchweiz. Die SVP-Identität der Schweiz iſt alſo zum einen völlig vom Ausland abhängig, zum anderen ſo künſtlich wie die Suiſſe miniature.

Die vom Ausland unabhängigen und real exiſtierenden Schweizer Werte ſind:

  • Unſere moderne Demokratie, die ſeit über 160 Jahren beſteht und damit weit älter iſt als die der Nachbarländer;
  • die SBB mit ihren großartigen Ingenieurleiſtungen, die der SVP zum Trotz noch immer ausgebaut und verbeſſert werden, und die hervorragende Poſt;
  • die hochwertige Infraſtruktur;
  • die grüne Energie mit zahlreichen gewaltigen Staumauern;
  • Menſchenrechte, Grundrechte, Freiheitsrechte, worin die Schweiz eine Vorreiterrolle hat;
  • das rote Kreuz und die humanitäre Tradition;
  • die Konkordanz, d.h. die äußerſt erfolgreiche Kultur des Miteinanders, die heute ſo ſehr von der SVP angegriffen wird.

Koſovaren ſchlitzen Schweizer auf – Iſlamkritiker bringen Kinder um

Ein ſchlimmes Verbrechen wird verübt, und der politiſche Herr der SVP ſagt, man dürfe dieſes Verbrechen nicht inſtrumentaliſieren. Ein anderes ſchlimmes Verbrechen wird verübt, und die SVP inſtrumentaliſiert es.

Wo liegt der Unterſchied? Richtig: Im Hintergrund des Täters. Bei ausländerfeindlichen Tätern iſt die SVP gegen eine Inſtrumentaliſierung, bei ausländiſchen Tätern iſt ſie für eine Inſtrumentaliſierung.

Ich wünſche mir Politiker, die alle Verbrechen gleichermaßen verurteilen und die keine Verbrechen inſtrumentaliſieren. Die Behauptung „Koſovaren ſchlitzen Schweizer auf“ iſt genauſo entſetzlich und haarſträubend wie die Behauptung „Iſlamkritiker bringen Kinder um“.

2011-08-08

Der inſtrumentaliſierte Inſtrumentaliſierer. Ein Rätſel-Trauerſpiel

Hier ein kleines Rätſel-Trauerſpiel. Wer es aufmerkſam durchliest, findet die Antwort auf die Rätſelfrage.

Rätſelfrage: Vertritt der Verteidiger den Iſlam oder vertritt er die SVP (oder eine andere rechtspopuliſtiſche Partei)?


Der inſtrumentaliſierte Inſtrumentaliſierer

Des Trauerſpiels Perſonen:

  • Die Anklage
  • Der Verteidiger

(Nachdem ein entſetzlicher Terroranſchlag geſchehen iſt.)

Die Anklage: Der Anſchlag hat es bewieſen: Ihr vertretet eine terroriſtiſche Ideologie.

Der Verteidiger: Wir vertreten keine terroriſtiſche Ideologie, ſondern unſere gerechte und wahre Überzeugung. Man muſs unbedingt differenzieren zwiſchen den echten Vertretern unſerer Überzeugung, die Gewalt ablehnen, und den irregeleiteten Terroriſten.

Die Anklage: Aber eure Überzeugung hat einen Nährboden für Terrorismus geſchaffen.

Der Verteidiger: Sie inſtrumentaliſieren da ein Verbrechen, um unſere Überzeugung ſchlechtzumachen. So einen fieſen rhetoriſchen Trick weiſen wir entſchieden zurück.

Die Anklage: Diſtanziert euch wenigſtens ausdrücklich von dem Terroriſten.

Der Verteidiger (ausweichend): Wozu denn? Der Terroriſt vertritt ja gar nicht unſere Ideologie, ſondern iſt doch nur geiſtesgeſtört. Es gibt alſo überhaupt nichts, wovon wir uns zu diſtanzieren bräuchten.


Auflösung der Rätſelfrage: Der Verteidiger vertritt die SVP (oder eine andere rechtspopuliſtiſche Partei), und nicht den Iſlam, denn ein Vertreter des Iſlams hätte ſich ausdrücklich vom Terrorismus diſtanziert, und nicht bei mutmaßlichen Krankheiten Ausflucht geſucht.

In der idealen Welt, wo die Leute auf Argumente hören, würde jetzt ein Vertreter der SVP ſeine erſtaunliche Nähe zum Iſlam erkennen. Schockiert darüber, daſs er mit einem Mal ſelber das Opfer der Inſtrumentaliſierung eines Verbrechens geworden iſt, würde er zukünftig ſelber keine Verbrechen mehr inſtrumentaliſieren. Von nun an würde er vorſichtiger Reden, damit ſeine Überzeugung nicht mehr als Aufruf zur Gewalt miſsverſtanden werden könnten.

In der realen Welt wird der Vertreter der SVP hartnäckig ſeine erſtaunliche Nähe zum Iſlam überſehen. Die Inſtrumentaliſierung von Verbrechen wird er gleichzeitig verurteilen, wo er ſelber zum Opfer wird, und unbeirrt weiterbetreiben, wo er ſeine Gegner zum Opfer machen kann. Wann immer ſeine Rede von einem entſetzlichen Terroriſten als Aufruf zur Gewalt miſsverſtanden wird, macht er es ſich einfach und ſtempelt den Terroriſten als Geiſteskranken ab, um ſich nicht diſtanzieren zu müſſen.

Der SVPler macht also weiter wie bisher. Zu hoffen iſt nur, das die eine oder andere Perſon, die bloß zum Proteſt für die SVP geſtimmt hat, deren widerſprüchliche Haltung zum Terrorismus durchſchaut und zukünftig eine löſungsorientierte Partei wählt.

2011-07-05

Die Heyſeſche bzw. Raumerſche S-Schreibung

Hier ein Auszug aus: „Regeln und Wörterverzeichnis für die deutſche Orthographie.“ (Auf Grundlage der von R. v. Raumer verfaßten Vorlage.) In: Dieter Nerius (Hrsg.) (2002): „Die orthographiſchen Konferenzen von 1876 und 1901.“ Hildesheim, Zürich und New York: Georg Olms, S. 138 – 140. (= Documenta Orthographica 5).

Dieſe Regeln ſtellen das Reſultat der ſog. I. Orthographischen Konferenz dar. Die Teilnehmenden waren – ganz ähnlich wie ſpäter 1996, Leute aus der Sprachwiſſenſchaft. Die beſchloſſenen Regeln ſtießen – ganz ähnlich wie 1996 – auf ſcharfen Widerſtand. So muſste etwa auf direkten Befehl Bismarcks in der preußiſchen Adminiſtration die alte Rechtſchreibung beibehalten werden. Erſt mit der Reform der Reform von 1902, einem Reſultat der 2. Orthographischen Konferenz von 1901, ſetzte ſich die Rechtſchreibreform endlich durch – immer noch gegen den Widerſtand der Ewiggeſtrigen, beiſpielsweiſe des Kaiſers.

§ 24. Die S-laute.

Wir haben zwei S-laute, einen weichen, z. B. in ſalben, und einen harten, z. B. in gießen.

Der weiche S-laut wird bezeichnet durch ſ z. B. hauſen, Linſe, Binſe.

Der harte S-laut wird bezeichnet durch ß oder ſſ, wenn er einfacher Auslaut einer Stammſilbe iſt und vor vokaliſch anlautender Nachſilbe hart bleibt, und zwar

durch ß nach langem Vokal, z. B. Fuß, Füße, reißt, reißen;

durch ſſ nach kurzem Vokal, z. B. haſſen, haſſeſt. Am Ende der Wörter und in Zuſammenſetzungen ſo wie auch im Inlaut vor Konſonanten tritt dafür das Zeichen ſs ein, z. B. Guſs, Fluſsufer, er haſst.

§ 25. Sonſt wird der harte S-laut durch ſ oder s bezeichnet und zwar

durch ſ in den Verbindungen ſp und ſt ſo wie im Inlaut vor und nach Konſonanten; z. B. faſt, Liſt, lieſt, ſechſte, Knoſpe, liſpeln, Ochſen, Krebſe, Lotſe;

durch s in allen andern Fällen, nämlich:

a) im Auslaut ſolcher Stammſilben, welche vor vokaliſcher Nachſilbe den weichen S-laut haben, z. B. Haus, Häuschen, Haustür;

b) im Auslaut ſolcher Wörter, welche vor vokaliſch anlautender Silbe nicht vorkommen wie als, bis, was, es;

c) im Auslaut aller Endungen, z. B. Finſternis, des Kindes;

d) als Zeichen der Zuſammenſetzung z. B. Ordnungsliebe, Freiheitskrieg, Paſſionsblume.

Anm. 1. Der Regel gemäß ſchreibt man miſſe oder miſs als Stammſilbe, nis als Ableitungsſilbe, z. B. Miſſetat, miſshandeln, Wagnis.

Ferner: Mauſe, mauſern, Schleuſe, Schneiſe, Verlies (Verlieſes), Mus (Gemüſe), naſeweis, weismachen; dies, diesſeits, dasſelbe, Dienstag, Donnerstag; bloß (entblößt und nur), Geiß (die Geißen), Grieß, Kloß (die Klöße).

Beſonders zu merken ſind: Reis (in beiden Bedeutungen), Ries (Papier), Vlies, weisſagen, Mesner; erboßen (und erboſen), boshaft; geißeln, Geißel, Geiſel (Leibbürge); gleißen (glänzen), Gleisner, gleisneriſche; Nieswurz (nieſen), Nießbrauch (genießen).

Anm. 2. Man ſchreibt des, wes, deshalb, weshalb, indes, unterdes trotz deſſen, weſſen, aus trotz außer. Zum Unterſchiede vom Pronomen das wird die Konjunktion daſs geſchrieben.

Anm. 3. Anlautendes ſch vor p und t wird durch ſ bezeichnet; z. B. ſpielen, ſtehen.

Anm. 4. Beim Zuſammenſetzen von ſtammhaftem ſ, ſſ, ß mit dem ſt der Flexion ſchreibt man ſt, ſst, ßt, z. B. du laſt = laſeſt, du läſst = läſſeſt, du reißt = reißeſt.

§ 26. Beim Gebrauch lateiniſcher Buchſtaben wird der weiche S-laut durch ſ oder s bezeichnet, z. B. ſauſen, ſalben oder sausen, salben; der harte S-laut dagegen

1) durch ſs und ss, wenn er ein einfacher Auslaut einer Stammſilbe iſt und vor vokaliſch anlautender Nachſilbe hart bleibt, und zwar durch ſs nach langem Vokal, z. B. Fuſs, Füſse, reiſst, reiſsen, durch ss nach kurzem Vokal, z. B. Fluss, Flüsse, Hass, hässlich, hassen, hasste.

2) Durch s in allen andern Fällen, z. B. fast, List, liest, sechste, Knospe, lispeln, Ochsen, Krebse, Lotse, Haus, Häuschen, als, bis, wes, es, Finsternis, Kindes, Ordnungsliebe.

Anm. Anlautendes sch vor p und t wird mit ſ oder s bezeichnet, z. [ſic] ſpielen, spielen, ſtehen, stehen.

2011-04-08

Mehr Morgenſtern-Dadaismus

Ein Werwolf eines Nachts floh aus Weib und Kind, und fuhr in ein Dorf Lehrer Grab und bat ihn: Bitte, ich verbeuge mich!

Der Dorfſchullehrer ſtieg Meſſingknauf auf ſeinem Weißblech, und ſagte zu dem Wolf, kreuzte die Füße vor der Patient tot:

„Der Werwolf“, – ſagte der gute Mann, „der Weswolfs, dann den Genitiv, der Wemwolf, Dativ, wie es heißt die Wenwolf, –. 's, daſs ein Ende hat.“

Der Werwolf geſchmeichelt der Fälle, und er rollte ſeine Augäpfel. „Allerdings“, ſagte er, „aber in der Einzahl und die Mehrzahl noch hinzuzufügen! “

Der Dorfſchullehrer, muſſte aber geſtehen, daſs er nichts davon wuſſte. Obwohl Wölfe, gäbe es in guter Geſellſchaft ſein, ſondern "Wer iſt da würde nur in der Einzahl werden.

Der Wolf erhob ſich blind mit Tränen, aber er hatte ſeine Frau und Kind! Aber gerade weil er kein Gelehrter, ſo verließ er und danken.

2011-03-17

Morgenſtern-Dadaiſmus (Google-Poeſie)

Köſtlich, was Google ſo für Poeſie erzeugen kann – Morgenſtern-Dadaiſmus!

Erſte Stufe:

It was through Onlooking even a picket fence with ſpace. An architect who ſaw this was one day when ſuddenly, and took out the ſpace and built a big houſe out of it. The fence, however, was quite ſtupid with no ſlats around what a ſight, horrible and mean: ſo he took the Senate alſo.

Zweite Stufe:

Es wurde durch Zuſchauns ſogar ein Lattenzaun mit dem Raum. Ein Architekt ſah, war dies eines Tages, als plötzlich und nahm den Platz und ein großes Haus gebaut aus ihm heraus. Der Zaun war aber ganz dumm mit Latten ohne was herum ein Anblick, ſchrecklich und gemein: so nahm er den Senat.

Dritte Stufe:

It was Onlooking even a picket fence with ſpace. An architect ſaw was this one day when ſuddenly, and took the court and a large houſe built out of it. The fence was quite ſtupid with no ſlats around what a ſight, and terrible in common: it took the Senate.

Vierte Stufe:

Es war ſogar ein Zuſchauns Lattenzaun mit dem Raum. Ein Architekt ſah, war dies eines Tages, als plötzlich und nahm das Gericht und ein großes Haus aus ihm gebaut. Der Zaun war ziemlich dumm mit Latten ohne was herum ein Anblick, und ſchrecklich gemein: sie nahm den Senat.

rꝛ.

2011-01-26

Duployé-Stenographie in Unicode

Offenbar ſteht die Duployé-Stenographie kurz vor einer Aufnahme in den Unicode-Standard, vgl. Propoſed New Characters!

Ein genauerer Beſchrieb läſſt ſich herunterladen unter Propoſal to include Duployan ſcript and Shorthand Format Controls in UCS.

Eine ſpannende Sache! Ob das wohl eine Welle von weiteren Stenographie-Kodierungen nach ſich ziehen wird? Auf jeden Fall gibt es zahlreiche, teils äußerſt verſchiedenartige Stenographieſyſteme, ſchon nur im deutſchſprachigen Raum etwa die deutſche Einheitskurzſchrift (in Deutſchland und Öſterreich), Stolze-Schrey (in der Schweiz), Gabelsberger (in Bayern?), oder im engliſchſprachigen Raum Pitman (in England) und Gregg (in den USA).

2011-01-10

Frakturſchriften im Netz

Die Google Font API ſtellt mittlerweile zwei gebrochene Schriften zur Verfügung: Einerſeits UnifrakturMaguntia, andererſeits UnifrakturCook.

Dieſes Blog ſetzt nun beide ein!

2011-01-07

Ligaturkodierung: PUA oder nicht?

Es gibt einige Frakturſchriften, wo die Ligaturen in der PUA kodiert ſind. Das iſt die Personal Use Area des Unicode-Standards. Dieſe Area iſt nichts anderes als eine Anzahl von Schriftzeichen, die von jeglicher Standardiſierung ausgenommen worden ſind, ob jetzig oder künftig. Das erlaubt es, ſelber definierte Zeichen in die PUA zu legen. Dadurch werden ſolche Zeichen benutzbar, ohne daſs ſie gegen den Unicode-Standard verſtoßen.

Es iſt möglich, daſs beſtimmte Gruppen von Leuten ſich über die PUA abſprechen, um ein beſtimmtes Ziel zu verfolgen. Ein Beiſpiel dafür iſt die Medieval Unicode Font Initiative (MUFI). Das Ziel dieſer Gruppe iſt es, ſpezielle Zeichen für die Mediäviſtik bereitzuſtellen. MUFI veröffentlicht eine Liſte von Zeichen, die MUFI character recommendation, worin eben die Abſprache über die PUA enthalten iſt.

Ab Verſion 2.0 der MUFI character recommendation iſt auch eine Reihe von Ligaturen enthalten. Iſt es ſinnvoll, die Ligaturen einer Frakturſchrift gemäß der MUFI character recommendation als PUA-Zeichen zu kodieren?

Vorteile:

  • Wenn die Ligaturen als PUA-Zeichen kodiert ſind, dann laſſen ſie ſich auch in „dummen“ Programmen verwenden, die nicht zur automatiſchen Darſtellung der Ligaturen in der Lage ſind (das betrifft insbeſondere alle Verſionen von Microſoft Word vor Verſion 2010).

Nachteile:

  • Ein Text mit PUA-Ligaturen aus der MUFI character recommendation iſt nur dann leſerlich, wenn er auch in einer entſprechenden Schrift angezeigt wird.
  • Google, Screenreader ꝛc. können nichts anfangen mit PUA-Ligaturen aus der MUFI character recommendation.
  • Wenn eine Schrift erſt einmal PUA-Ligaturen enthält, ſo läſſt ſich nicht verhindern, daſs irgend jemand ſie auch in Texten verwendet, wo ſie die Leſerlichkeit beeinträchtigen.

Für gewiſſe Zwecke können alſo Schriftarten mit PUA-Ligaturen aus der MUFI character recommendation nützlich ſein, nämlich insbeſondere dann, wenn man mit einem älteren Schreibprogramm einen typographiſch einwandfreien Text erſtellen will, um ihn auszudrucken oder als Bild zu verwenden. Für andere Zwecke ſind jedoch ſolche Schriften ungeeignet, insbeſondere für den Gebrauch im Internet.

Ich halte es für bedauerlich, daſs gewiſſe Befürworter der Fraktur die PUA-Ligaturen aus der MUFI character recommendation als Patentlöſung für alle Fälle propagieren, obwohl ſie – wie ich gezeigt habe – nur für beſtimmte Fälle taugen. Das iſt bedauerlich, denn es ſchafft Unklarheit, vgl. Unicode vs. MUFI/UNZ-1 (Fraktur).